Aus der Sicht des Sachverständigen

Planungsfehler an der Regenwassernutzungsanlage DIN 1989-1: Norm für die Nutzung von Regenwasser

Regenwassernutzung ist seit etwa 25 Jahren Stand der Technik. Das Bundesland Bremen sowie die Städte Heidelberg und Bad Mergentheim fördern solche Anlagen. Regenspeicher und Pumpe sind wesentliche Bestandteile einer Anlage. Doch damit alleine funktioniert die Betriebswasserversorgung auf Dauer nicht. In einem Fall, der hier in Auszügen vorgestellt wird, hatten die Nutzer Mängel beklagt. Die Planer widersprachen, der Fall landete vor Gericht. Die hier gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auf alle Anlagen zur Nutzung von Regenwasser, die von Sanitär­installateuren geplant und ausgeführt werden, übertragen.

Für Regenwassernutzungsanlagen ist eine allgemein anerkannte Regel der Technik (aaRdT) seit April 2002 vorhanden, als mit DIN 1989-1 ein technisches Regelwerk veröffentlicht wurde, das Hinweise zur Planung, Ausführung, zum Betrieb und zur Wartung gibt. Diese Norm gilt für die Nutzung von Regen­wasser in Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben sowie in öffentlichen Einrichtungen, in denen es z. B. für Toilettenspülung, Kühlzwecke, Wasch- und Reinigungsanlagen und zur Bewässerung von Grünanlagen genutzt wird. DIN 1989-1 enthält alle erforderlichen Angaben, um die fünf Behauptungen der Kläger zu bewerten.

Behauptung Nr. 1:

„Die Zisterne ist für die Wohnanlage mit sechs Familienwohnungen zu klein. Die Zisterne speichert zu wenig Niederschlag und fällt nach vollständiger Füllung nach nur zwei bis drei Tagen wieder trocken. Bei Regen geht ein erheblicher Teil der Regenernte nutzlos in den Überlauf verloren.“

DIN 1989-1, Kapitel 16, empfiehlt: „Die optimale Größe des Nutzvolumens von Regenwasserspeichern sollte in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Regenwasserertrag und Betriebswasserbedarf stehen. Eine Optimierung des Nutzvolumens ist unter quantitativen und wirtschaftlichen Aspekten durchzuführen“. Es werden dann drei verschiedene Berechnungsverfahren angeboten, von denen hier das zweite, das sogenannte vereinfachte Verfahren, infrage kommt. Der vorhandene Regenspeicher mit 7200 l nutzbarem Volumen ist demnach tatsächlich zu klein für die Gartenbewässerung und den gleichzeitigen Anschluss aller Toilettenspülungen. Für 20 Bewohner sind 12 500 l Nutzvolumen erforderlich.

Die vorhandene Zisterne kann nachträglich erweitert werden zu einer 2-Behälter-Anlage. Die Arbeiten im Grundstück sind mit einem Minibagger möglich. Das Versetzen des neuen Speicherbehälters muss mit einem Autokran erfolgen. Der Behälter wird dabei über den Carport gehoben und in die vorbereitete Baugrube abgesetzt, anschließend in Höhe der Behältersohle durch ein Verbindungsrohr an den vorhandenen Speicher angeschlossen.

Fazit

Eine Aufstellung der zu erwartenden Kosten der Zisternenerweiterung ergibt in der Summe inklusive Mehrwertsteuer einen Betrag von 6641 €. Der tatsächliche Schaden durch den Planungsfehler ist jedoch geringer. Er beträgt 5441 €. Begründung: Der zur Erweiterung notwendige Betrag muss um die Sowieso-Kosten von 1200 € vermindert werden, da es so viel mehr gekostet hätte, wäre die oben festgestellte notwendige Zisternengröße von 12 500 l im Zuge der ursprünglichen Baumaßnahme bereits eingebaut worden.

Behauptung Nr. 2:

„Die große Ansaughöhe erlaubt nicht die Nutzung des gesamten Speichervolumens der Zisterne. In der Zisterne bleibt unterhalb der Entnahmevorrichtung unbenutztes Wasser stehen.“

DIN-1989-1 erwähnt in Kapitel 12.4: „Entnahmeleitungen sind so anzuordnen, dass Schwimm- oder Sedimentschichten nicht angesaugt werden. Die Entnahme kann durch eine schwimmende Entnahmeleitung oder durch ein Standrohr erfolgen.“

Eine solche schwimmende Entnahme ist in der vorhandenen Zisterne montiert. Die Höhe des erforderlichen Mindestwasservolumens soll nach Angabe des Herstellers 20 bis 30 cm betragen. Bei diesem Objekt sind 29 cm vorhanden und empfehlenswert, da der Vorfilter unzureichend ist. Bei heftigen Niederschlägen lässt er Filtergut passieren, so dass mit stärkerem Sedimentanfall als üblich am Boden der Zisterne gerechnet werden muss.

Fazit

Unterschiede von Nennvolumen und Nutzvolumen bei Regenspeichern beachten! Tatsächlich nutzbar ist nur das Volumen zwischen Mindestwasserspiegel unten und Speicherüberlauf oben. Dieses Nutzvolumen wird durch Berechnung nach DIN 1989-1, Kapitel 16, ermittelt. Im vorliegenden Fall war das Mindestwasservolumen korrekt, aber das Nutzvolumen deutlich zu gering, vergleiche Behauptung 1.

Behauptung Nr. 3:

„Durch die Tageslichteinwirkung kommt es im Rückspülfilter mit Schauglas zu Algenwachstum. Ein Filter mit Schauglas ist unzweckmäßig.“ Ein Rückspülfilter als Teil der Druckerhöhungsanlage ist bei diesem Objekt im Technikraum montiert. Bei geschlossenen Türen gelangt aber kein Tageslicht in diesen Raum. Am Filter ist zudem eine rote Abdeckung über dem Schauglas, die Lichteinfall auf das Wasser weitestgehend verhindern würde. Das elektrische Licht im Raum und indirekter Tageslichteinfall, der beim Betreten des Technikraumes und bei gelegentlichem Offenstand der Türen einfallen kann, ist im Hinblick auf unerwünschtes Algenwachstum auf dem Filtergewebe unerheblich.

Fazit

Auch wenn Rückspülfilter heute gemäß DIN 1989-1 wegen insgesamt anderer Anlagenkonfiguration nicht mehr benutzt werden, ist der Rückspülfilter in der hier eingebauten Form in Kombination mit dem Filterschacht vor der Zisterne und dem Filtergewebe der schwimmenden Entnahme im Speicher dennoch zweckmäßig. Begründung: Die mangelnde Qualität der vorgeschalteten beiden Filtereinrichtungen führt aller Wahrscheinlichkeit nach zu gelegentlichem Eintrag von Feinsediment in die Entnahmeleitung, das vom Rückspülfilter zurückgehalten wird. Nur bei fehlender Filterwartung ist mit Problemen zu rechnen – allerdings nicht in diesem Fall, denn die Rückspülung erfolgt laut Aussagen beim Ortstermin bisher in regelmäßigenAbständen durch die Bewohner.

Behauptung Nr. 4:

„Die Auffangflächen sind zu klein für den Regenwasserbedarf der Wohnanlage zur Toilettenspülung und Gartenbewässerung.“

Regelmäßig wird in Fachpublikationen darauf hingewiesen, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum gelingen wird, den Bedarf einer Regenwassernutzungsanlage zu 100 % durch das gesammelte Niederschlagswasser zu decken. Ebenso wenig ist es sinnvoll, durch einen größeren Speicher zu verhindern, dass der Regenspeicher überläuft und gesammeltes Wasser verloren geht.

Fazit

Die Berechnung ergibt eine Bedarfsmenge, die geringer ist als der jährliche Regenertrag. Die vorhandenen Auffangflächen reichen also für eine wirtschaftlich und ökologisch gleichermaßen sinnvolle Lösung aus. Sie gestatten aber nicht 100 % Bedarfsdeckung. 5 bis 10 % der Bedarfsmenge werden pro Jahr automatisch aus dem Trinkwassernetz ins System eingespeist. Wollte man dies vermeiden, müsste der Regenspeicher etwa zehnmal größer sein. Die Mehrinvestition dafür wäre extrem unwirtschaftlich.

Behauptung Nr. 5:

„Über die Hofeinläufe gelangt mit Kfz-Ölen und Reifenabrieb kontaminiertes Wasser in die Zisterne, die Gartenbewässerung, die WCs und den Überlauf der Zisterne. Dieser Schmutz setzt die Siebe, Leitungen und WC-Spülkästen zu.“

Es heißt in Kapitel 5.2 der DIN 1989-1: „Unter qualitativen Gesichtspunkten sind die Auffangflächen wesentlich – und in Abhängigkeit von der Anlagentechnik zur Aufbereitung des Regenwassers und der beabsichtigten Nutzung zu beurteilen. Grundsätzlich sollen möglichst gering belastete Flächen genutzt werden.“ In Kapitel 5.3 steht unter anderem: „Bei der Regenwassernutzung in Haushalten gilt im Allgemeinen der Grundsatz, dass möglichst alle verfügbaren Auffangflächen, die nach 5.2 qualitativ geeignet sind, genutzt werden sollen.“

Die beiden, mit rechteckigem Gitterrost abgedeckten Abläufe ermöglichen das Eindringen von Oberflächenwasser aus den Carports. Sie nehmen noch zusätzlich das nicht verschmutzte, von den Gründächern der Carports ablaufende Regenwasser auf.

Fazit

Um genügend Wasser im Speicher zu haben, vergleiche Behauptung 4, ist es hier sinnvoll, die Hofeinläufe im Sammelsystem zu lassen. Mehrere Aspekte sprechen dagegen, dass regelmäßig eine nennenswerte Menge Schmutzwasser vom Belag der Carports zur Zisterne abläuft. Dies gilt vor allem dann, wenn außer Niederschlagsabfluss nicht zusätzlich durch aktives Zutun der Bewohner, wie z.B. Entleeren von Putzeimern oder Fahrzeugwäsche, tatsächlich bedenklich verschmutztes Wasser eingeleitet wird.

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