Ohne Zentralheizung geht es auch
Niedrigenergiehaus arbeitet mit elektrischer Flächenheizung und Photovoltaik
Als klarer Heizungsfavorit der aktuellen Bundesregierung unter den Erneuerbaren gilt die Wärmepumpe. Wenn es um nachhaltiges Bauen geht, spielen allerdings auch eine gute Dämmung und optimierte Energieverteilung eine wichtige Rolle. Dass es nicht immer die Wärmepumpe sein muss, zeigt ein Niedrigenergiehaus-Neubau im westfälischen Oelde.
Das Niedrigenergiehaus in Oelde in Massivholzbauweise wurde nach KfW-40-plus gefördert. Beide Dachflächen sind mit Photovoltaik belegt. Mit insgesamt 24 kWp handelt es sich für ein Einfamilienhaus um eine große Anlage.
Quelle: Herotec
Bei dem 2022 errichteten Objekt handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit 155 m² Nutz- und Verkehrsfläche, das in Massivholzbauweise gebaut wurde. Die Massivholzwand aus Fichte hat eine Wandstärke von 200 mm. Das Haus wurde seinerzeit über das Förderprogramm KfW-40-Plus gefördert. Das zeugt von seinem hohen Effizienzstandard und noch einer anderen Sache: Bei diesem Teilprogramm der KfW-Förderung müssen im Unterschied zur KfW-40-Förderung zusätzlich Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gebäudenah installiert werden, was hier mit einer Photovoltaik-Anlage (PV) auf dem Dach erfüllt worden ist.
In diesem Fall befindet sich auf den beiden Dachflächen eine vergleichsweise große PV-Anlage mit 24 kWp, die mit einem Solarstromspeicher kombiniert wurde. Der Solarstromspeicher soll vorrangig das Haus und die elektrische Fußbodenheizung versorgen. Ein E-Auto ist langfristig geplant und eine Ladestation entsprechend eingerichtet. Die Warmwasserversorgung übernimmt ein zentral im Haus installierter Durchlauferhitzer (18 kW Leistung). Einen klassischen Pufferspeicher gibt es in diesem Konzept nicht. Allein ein Ofen ist in diesem Haus noch vorhanden.
Fußbodenheizung ist die „Zentralheizung“
Im Niedrigenergiehaus in Oelde wurde die elektrische Fußbodenheizung als „Zentralheizung“ konzipiert. Die Photovoltaik-Anlage wird hier immer in Kombination mit der Fußbodenheizung (Flächenheizung) gesehen. Mit den Erlösen aus dem jährlichen Überschuss durch die Einspeisung ins Netz soll der Zukauf an Strom im Winter möglichst gedeckt werden. Das Ziel: Das Wärmekonzept soll sich, wenn möglich, bei geringem Wartungsaufwand selbst tragen, bzw. wenn es weiterhin so milde Winter gibt, sogar einen Überschuss produzieren. Unterstützt wird dieses Konzept durch eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die per Strom erzeugte Raumwärme wird beim Lufttausch von der Abluft auf die Zuluft übertragen. Heutige Systeme am Markt schaffen Rückgewinnungsraten von 90 % und mehr.
Alternativ zur Zentralheizung fiel die Wahl auf eine elektrische Flächenheizung. Gepaart mit einer dezentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung soll das System betriebskostenneutral laufen.
Quelle: Herotec
Ein Blick auf das System
Konkret verbaut wurde in Oelde das elektrische Flächenheizungssystem „tempusVolt Pro“ von Herotec. Bei diesem System sind die Heizleiter auf einem Glasfasergewebe bereits fixiert und die Heizmatten werden montagefertig geliefert.
Statt Hauswirtschaftsraum mit Wärmepumpe liegt der Zentralheizungs-Ersatz versteckt am Ende unter einem sehr modernen Bodenbelag aus großformatigen Fliesen.
Quelle: Herotec
Beim Einsatz dieser elektrobetriebenen Flächenheizung entfallen, wie auch bei der Wärmepumpe, herkömmliche Brennstoffe komplett. Es bedarf keines Lagerraums, keines Heizraums (z. B. für einen Pufferspeicher) und keines Schornsteins mehr. Die notwendige Infrastruktur und der Raumbedarf sind also reduziert – was im Neubau mit seinen mittlerweile sehr hohen Baukosten pro Quadratmeter zunehmend zum Pluspunkt wird. Die Wärmeversorgung erfolgt außerdem schnell, die Bedienung ist einfach und es wird nur ein Stromanschluss benötigt. „tempusVolt Pro“ ist außerdem eine Estrich-Heizmatte. Diese nutzen den Boden eines Objekts als Wärmespeicher. Das kommt vor allem den PV-Anlagen-Betreibern zugute, denn sie können darüber ihren selbst erzeugten Strom in Form von Wärme zu einem gewissen Teil im Baukörper erstmal zwischenspeichern, statt ihn zu schlechteren Konditionen ins öffentliche Stromnetz abzugeben.
Gestehungskosten und Grünstrom
Die Gestehungskosten für selbst erzeugten PV-Strom liegen aktuell bei 8 bis 12 ct/kWh, Tendenz fallend. Das Ganze wird zum Rechenexempel aus Kosten der Eigenversorgung im Vergleich zu vermiedenen Strombezugskosten. Aus Energiewende-Sicht indes machen alle strombasierten Wärmeversorgungssysteme nur dann Sinn, wenn sie mit Grünstrom betrieben werden, die elektrische Flächenheizung macht da keine Ausnahme. Eigenstrom dafür zu nutzen ist nicht nur der direkteste und unmittelbarste, sondern auch der sicherste Weg, sich von der weiteren Strompreisentwicklung abzukoppeln.