Gebäudeautomation
Smart Metering mit KNX-Modulen
Seit dem 1. Januar 2010 ist die „intelligente“ Verbrauchsmengenerfassung – das Smart Metering – auch in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtend. Das steht im Energiewirtschaftsgesetz. In der Praxis wird das damit verbundene Potential an möglichen Energieeinsparungen bislang jedoch nur unzureichend ausgenutzt. Und dies, obwohl in vielen Liegenschaften die Aufrüstung durch entsprechend „smarte“ Wasser-, Wärme- und Kältemengenzähler mit KNX-Technologie oft vergleichsweise einfach umsetzbar ist.
Gut Ding will Weile haben; gerade im Wechselspiel zwischen europäischen und nationalen Regelungen: Bereits 2006 wurde z. B. die EU-Richtlinie 2006/32/EG „über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen“ beschlossen. Sie verlangt die Einführung individueller Verbrauchszähler, an denen der Endkunde seine tatsächlichen Verbräuche und Nutzungszeiten direkt ablesen kann – wenn die Einführung technisch und wirtschaftlich vertretbar ist. Mittlerweile ist die EU-Direktive auch nationales Recht (Energiewirtschaftsgesetz; EnWG) und seit 2010 in Kraft – doch noch lange nicht in der Praxis durchgesetzt.
Smart Metering
Die Gründe dafür sind aus Sicht der Verbraucher und der Energiewirtschaft umso schwerer nachvollziehbar, als der individuelle und gesellschaftliche Nutzen des Smart Metering unstrittig ist:
Der unmittelbar vor Augen geführte Energieverbrauch löst bei Endkunden zumindest mittelbar eine Verhaltensänderung aus mit dem Ziel der direkten Energieeinsparung.
Die interpretationsfreie „Übersetzung“ des Energieverbrauchs in Kosten – in Euro und Cent – führt zu einer Verschiebung der Nutzungszeiten durch den Endverbraucher in kostengünstigere Phasen; die Versorger profitieren von einer Glättung der Netzauslastung.
Bei näherer Betrachtung – nämlich der Frage einer praxisorientierten Umsetzung – hellt sich der Hintergrund für diese Zurückhaltung jedoch auf. Die flächendeckende Umsetzung des Smart Meterings ist trotz des verbundenen Potentials für Fachplaner, Fachhandwerker, Facility-Dienstleister und Objektbetreiber danach vor allem aus fünf Gründen blockiert:
Die vorhandenen Gebäudesystemlösungen sind geschlossen, so dass die zusätzliche Einbindung elektronischer Mengenerfassung mit Datenübermittlung und - auswertung kaum möglich ist; oder der Objektverantwortliche vermutet das zumindest …
Der Einsatz der Smart Metering-Systeme bedingt die Implementierung einer speziellen Software, die zum Beispiel parallel zur Unternehmenssoftware läuft und daher unerwünscht ist.
Die Installation der Smart Metering-Komponenten ist technisch nicht oder nur schwer darstellbar.
Ihre Nutzung ist mit einem erhöhten Energieeinsatz verbunden, der die möglichen Einsparungen übersteigt; das System ist also energetisch kontraproduktiv.
Die Möglichkeit zur Einbindung von Smart Metering-Komponenten in die vorhandene Gebäudesystemtechnik ist nicht bekannt oder nicht bewusst.
Eine praxisgerechte Lösung stellen daher auf dem KNX-System basierende Wasser- , Wärme- und Kältemengenzähler dar, die als „Sensoren“ über einen Netzwerkkoppler mit integriertem KNX Facility Web weltweit via Internet im http- oder FTP-Protokoll nicht nur ausgelesen und ausgewertet, sondern bidirektional sogar gesteuert werden können (Abb 2).
Der KNX-Standard nach ISO/IEC 14 543 und EIB EN 50 090 ist eine kompatible, lizenzfreie Weiterentwicklung unter anderem der Systeme EIB, EHS und BatiBUS. Die Installation reduziert sich auf ein einheitliches, ausgesprochen einfach aufgebautes Bussystem – eine Zweidraht-Leitung – für die Anbindung der Smart Metering-Komponenten. Das KNX-Programm ist damit problemlos auch bei der Sanierung oder Ausweitung vorhandener Gebäudemanagementsysteme einsetzbar.
Der Konfigurationsaufwand ist durch die mit Windows kompatible „Engineering Tool Software“ (ETS) überschaubar.
„Intelligenz“ aufgeteilt
Ermöglicht wird diese einfachere Struktur durch die geschickte Verteilung der „Intelligenz“ auf die KNX-Module, den Netzwerkkoppler und die internet-basierende Datenübertragung und -auswertung:
Jeder Wasser-, Wärme-, Strom- und Gaszähler aus dem KNX-Programm verfügt über eine eigene, offene KNX-Schnittstelle mit entsprechender BUS-Adresse. Die Module agieren also autark und können so mit ETS individuell konfiguriert und über den gemeinsamen Netzwerkkoppler zu einem umfassenden System gebündelt werden.
Durch den gemeinsam genutzten Netzwerkkoppler mit http- oder FTP-Protokoll als zentraler Schnittstelle ist der Aufbau eines spartenübergreifenden Gebäudemanagementsystems möglich, das auch die bekannten Anwendungen wie Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung, Alarmierung oder Beschattung einbindet.
Die Datenübertragung via Internet ermöglicht die einfache Sammlung und Auswertung des Datenmaterials mit Facility Web unabhängig vom Standort der Liegenschaft; insbesondere die Betreiber zahlreicher Liegenschaften (wie Wohnungsbaugesellschaften), aber auch Messdienstleister können effizienter agieren.
Die offene Datenstruktur und die Auswertung/Steuerung über das Facility Web sichern die Implementierung auch in vorhandene EDV-Systeme; ohne aufwändige Installationen oder kostentreibende Lizenzgebühren.
Umfassende Datenbasis
Die Datenbasis, die von den KNX-Modulen z. B. aus den Wasser-, Wärme-, Strom- und Gasinstallationen über entsprechende Mengenzähler bzw. Fühler zur Verfügung gestellt wird, ist umfassend: So lassen sich mit Facility Web neben den Zählerwerten auch Schaltzustände und Sensorwerte erfassen und über ein Visualisierungstool, wie den Energy Analyzer, grafisch darstellen.
Welche Betrachtungszeiträume (Tages-, Monats- oder Jahresauswertungen; Langzeitaufzeichnung bis 10 Jahre) gewählt werden, hängt von der Aufgabenstellung ab:
Die tagesaktuelle Auswertung ist ideal, um unmittelbar Verbraucherverhalten darzustellen. Im Rahmen von Mieterversammlungen kann so der Zusammenhang zwischen Spitzenlastzeiten, Versorgungskonditionen und Einsparmöglichkeiten gezeigt werden (Abb.4).
Die Monatsauswertungen bieten sich als Grundlage für die geforderte, zeitnahe Abrechnung von Verbräuchen an.
Aus Jahresauswertungen beispielsweise von gewerblich genutzten Objekten lassen sich unter Einbeziehung der ebenfalls erfassten Betriebsstunden abgestimmte Optimierungsprozesse entwickeln, z. B. durch bewusstes Ein- oder Ausschalten sonst maßgebender Sollwerte; hier spielt die bidirektionale Beeinflussung der Smart Metering-Komponenten über das Facility Web ihre Vorteile aus, die aus den „Sensoren Mengenzähler“ gewissermaßen die „Aktoren Mengenzähler“ macht. - Auch Tarifsignale können als Auslöser einbezogen werden.
Breites Anwendungsfeld
Das Potential der KNX-Systeme in der Gebäudeautomationstechnik auf die meist diskutierten Themenkreise Mengenerfassung und -auswertung zu reduzieren, greift aber gerade in den Bereichen Strom und Wärme zu kurz: Ebenso einfach wie in den bekannten Anwendungen der Grundversorgung mit Strom, Gas, Wärme und Wasser lassen sich die „kommunikativen Module“ auch in die immer komplexer werdenden Anlagenkonstellationen mit Nutzung regenerativer Energien einbinden. Wie breit das dafür zur Verfügung stehende „technische Instrumentarium“ mittlerweile ist, spiegelt sich in Preisliste und Lieferprogramm von WDV/Molliné (www.molline.de) für 2012 wieder. Neben dem umfangreichen Sortiment vor allem an „konventionellen“ Wasser- und Wärmemengenzählern inklusive Zubehör deckt ein komplettes Kapitel ausschließlich den Bereich KNX-Installationen ab.
Fazit
Der Aufbau eines hocheffizienten Gebäudeautomationssystems ist mit Einführung des Smart Metering auf KNX-Basis wirtschaftlicher geworden. Die zur Mengenerfassung notwendigen Module entsprechen den „analogen“ Geräten, sind also im Rahmen von Sanierungen durch das Fachhandwerk ohne zusätzlichen Aufwand einfach zu montieren (Abb. 6). Gleiches gilt für die nur zweiadrige Anbindung an einen zentralen Netzwerkkoppler sowie – im übertragenen Sinne – für die über alle eingeführten Kanäle mögliche Datenübertragung (z.B. Koax, WLAN, ISDN oder UMTS) und die internetbasierende Datensammlung und -auswertung mit Facility Web. Darüber hinaus ist der Energieaufwand für diese Variante der Gebäudeautomation mit nur etwa 150 mW je Buskoppler so gering, dass sich durch die unmittelbar zu realisierenden Einsparungen sowohl die Gestehungs- wie die Betriebskosten zeitnah amortisieren.