Heizungsanlagen optimieren
Mehr Effizienz – auch ohne neuen KesselSchätzungen zufolge sind in Deutschland nur 10 bis 12 % der Anlagen im Wohngebäudebestand hydraulisch abgeglichen. Eine aktuelle Kampagne der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online will dies ändern und mindestens 100 000 Hausbesitzer in den nächsten zweieinhalb Jahren motivieren, ihre Heizungsanlagen hydraulisch optimieren zu lassen. Die Kampagne bietet dem SHK-Fachhandwerk damit einen guten Anknüpfungspunkt für das Kundengespräch. Was bei der ganzheitlichen Anlagenoptimierung zu tun ist und welche Tools dabei helfen, zeigt der folgende Beitrag.
Eine Studie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) kam zu dem Ergebnis, dass hydraulisch
nicht abgeglichene Heizungsanlagen rund 15 % mehr Heizenergie verbrauchen als Anlagen im hydraulischen Optimum. Symptome sind Geräusche sowie eine ungleichmäßige Wärmeverteilung. Dann wird beispielsweise der am weitesten vom Wärmeerzeuger entfernte Heizkörper nicht mehr richtig warm. In der Praxis wird diese Fehlfunktion aber oftmals durch Höherstellen der Heizungspumpe, aber auch der Heizkurve, am Heizungsregler
kompensiert, anstatt die eigentliche Ursache zu beheben. Dann bleibt jedoch die ungleichmäßige Wärmeverteilung bestehen, die Ventilgeräusche können sich sogar noch verstärken. Hinzu kommt ein unnötig hoher Brennstoffverbrauch und der zusätzliche Stromverbrauch der Heizungspumpe.
Eine vollständige Anlagenoptimierung steigert hingegen nicht nur den Komfort, sondern senkt gleichzeitig die Betriebskosten erheblich (Abb. 1). Sie bezieht folgende Bereiche ein und verfolgt als Service-Ziel möglichst hohe Einsparungen und Betriebssicherheit:
Zudem weisen viele Anlagen technische Defizite auf, die sich durch kleine Investitionen des Kunden beheben lassen. Für den Heizungsfachmann gibt es hier also weitere Umsatzpotentiale.
1. Pumpe und Regelung
Eine Verkaufschance ergibt sich beispielsweise bei der Umwälzpumpe. Denn bundesweit arbeiten allein in Wohngebäuden noch rund 25 Mio. alte, ungeregelte Pumpen. Da diese ständig unter Volllast laufen, verbrauchen sie selbst in hydraulisch abgeglichenen Systemen unnötig viel Strom. Wo ein solcher „Pumpenoldie“ aufgespürt wird, sollte der Kunde – unabhängig von allen weiteren Maßnahmen – hinsichtlich der Stromsparpotentiale beraten werden. Denn elektronisch geregelte Hocheffizienzpumpen wie die „Wilo-Stratos“ oder die speziell für Einfamilienhäuser und kleinere Heizkreise konzipierten „Wilo-Stratos Pico“ und „Wilo-Yonos Pico“ reduzieren die Stromkosten für den Pumpenbetrieb um bis zu 90 %. Das kann gegenüber einer ungeregelten Altpumpe schon in normalen Einfamilienhäusern rund 140 € im Jahr bringen, in Mehrfamilienhäusern sogar deutlich mehr. Dadurch rechnet sich der Austausch bereits nach wenigen Jahren.
Ein Tipp: Pumpen im Bestand sind in vielen bestehenden Altanlagen zwei- bis dreifach überdimensioniert. Die sogenannten „Angstzuschläge“ treiben jedoch den Stromverbrauch nochmals in die Höhe, zudem kann auch dies Störgeräusche verursachen. Deshalb rät Wilo (www.wilo.de), vor dem Austausch möglichst den Betriebspunkt der Pumpe neu zu berechnen. Dem Fachhandwerk stehen dabei zahlreiche Hilfsmittel wie der „Wilo-Pumpenschieber“ oder die Auslegungssoftware „Wilo-Select“ zur Verfügung, mit denen die richtige Pumpe schnell und einfach ermittelt werden kann.
Schnelle Pumpenauslegung – der „Wilo-Assistent“ hilft
Noch schneller geht es mit der kostenlosen App „Wilo-Assistent“, einem universellen Miniprogramm für iPhone und iPad von Apple sowie seit kurzem auch für Android-
Geräte. Für Nutzer anderer Smartphones steht der „Wilo-Assistent“ auch online als WebApp unter app.wilo.com zur Verfügung. Die App ist darauf ausgelegt, dem SHK-Profi bei der Kundenberatung sowie bei Auslegung, Planung und Installation zur Seite zu stehen. So ermittelt beispielsweise ein Tool zur Heizungspumpenauslegung in wenigen Schritten die richtige Pumpe. Zur Berechnung der Förderhöhe müssen nur Länge und Breite des Hauses sowie die Geschosszahl angegeben werden. Anschließend wird über das Baujahr des Hauses (Dämmstandard), den Rohrwiderstand und die gewünschte Temperaturspreizung der Volumenstrom berechnet. Danach empfiehlt die Anwendung eine passende Wilo-Hocheffizienzpumpe. Doch der „Wilo-Assistent“ kann noch mehr: Anhand der Daten der Altpumpe berechnet er beispielsweise das Einsparpotential. Damit liefert er zugleich die passenden Verkaufsargumente.
Nach der Montage kann die Pumpe exakt an die jeweilige Anlage angepasst werden. Hierzu verfügen die Wilo-Hocheffizienzpumpen über die Regelungsarten Δp−c = Differenzdruckniveau constant (Abb. 2) und ∆p−v = Differenzdruckniveau variabel (Abb. 3). Auch hier liefert der „Wilo-Assistent“ mit dem neuesten Update direkt den entsprechenden Sollwert zur Einstellung der jeweiligen Pumpe mit.
2. Hydraulischer Abgleich
Während der Pumpenaustausch vor allem den Stromverbrauch in der Wärmeverteilung reduziert, bringt der hydraulische Abgleich der Anlage Komfortgewinne und Heizenergieeinsparungen. Ziel ist es, alle Räume gleichmäßig mit Wärme zu versorgen. Dies wird durch Einbau bzw. – falls bereits vorhanden – die richtige Justierung von voreinstellbaren Thermostatventilen, Rücklaufverschraubungen, Strangregulierventilen und Differenzdruckreglern erreicht.
Allerdings sind in den meisten Altanlagen Thermostatventile ohne Voreinstellung eingebaut. Optimal ist, wenn sich der Kunde von den Vorteilen neuer, einstellbarer Ventile überzeugen lässt. Einmal installiert, kann die exakte Voreinstellung des Ventils nach den Vorgaben und Tabellen des jeweiligen Herstellers erfolgen. Ohne neue Thermostatventile kann der Installateur die an den Heizkörpern vorhandenen Rücklaufverschraubungen für einen näherungsweisen hydraulischen Abgleich nutzen. Denn auch auf diese Weise lässt sich der Volumenstrom, der den Heizkörper durchströmt, begrenzen.
Wilo bietet Teilnehmern seines Weiterbildungsangebotes „Wilo-Brain“ (siehe Infokasten) mit der Broschüre „Wilo-Brain Tipps und Tricks – Optimierung von Heizungsanlagen“ eine kompakte Arbeitshilfe für die Baustelle. Sie ermöglicht unter anderem die überschlägige Ermittlung der Volumenströme in Abhängigkeit vom spezifischen Wärmebedarf eines Raumes. Eine elektronische Version ist zugleich Bestandteil der App „Wilo-Assistent“.
Bei Heizungsanlagen mit mehreren Strängen – vor allem mit unterschiedlichen Längen – empfiehlt sich ein Strangabgleich mit Strangregulierventilen oder Differenzdruckreglern. Ziel ist, in allen Strängen gleiche Bedingungen und damit eine optimale Verteilung der Wärme auf alle Heizkörper zu erreichen. Strangregulierventile begrenzen allerdings den Volumenstrom nur bei Volllast, d.h. an den kältesten Tagen im Jahr. Differenzdruckregler hingegen begrenzen den Volumenstrom und den Differenzdruck auch bei Teillast.
3. Druckhaltung
Bei etwa 90 % der Heizungsanlagen treten Mängel bei Druckhaltung und Entlüftung auf. Folgen sind ebenfalls störende Geräusche und eine schlechte Wärmeversorgung. Entscheidend ist hier vor allem das Membran-Ausdehnungsgefäß (MAG). Dieses stellt eine stabile Druckhaltung sicher, indem es das in Abhängigkeit von der Betriebstemperatur schwankende Wasservolumen der Heizungsanlage ausgleicht. Hierfür muss es ausreichend groß dimensioniert sein (nach DIN EN 12 828 oder nach den Auswahltabellen der Hersteller). Der Vordruck des MAG sollte bei Gebäuden bis 10 m Höhe 1 bar und bei Höhen von 10 bis 15 m 1,5 bar betragen. Der optimale Fülldruck der Anlage liegt 0,3 bis 0,5 bar über dem Vordruck (Abb. 4).
4. Entlüftung
Zusätzlich sollte eine Vorrichtung zur automatischen Entlüftung der Heizungsanlage vorgesehen werden. Hier bieten sich Luftsammelgefäße an, in denen die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers so weit reduziert wird, dass sich die Luft vom Wasser trennen kann. Allerdings arbeiten diese Systeme nur dann störungsfrei, wenn der Systemdruck korrekt eingestellt ist (siehe
3. Druckhaltung). Ein Schnellentlüfter mit Lufteintrittssperre verhindert, dass bei Unterdruck Luft in das System eindringt.
5. Rohrleitungen dämmen
Zum Abschluss der Optimierungsmaßnahmen ist auch ein Blick auf die Dämmung der Rohrleitungen wichtig, auch wenn diese keinen Einfluss auf die Anlagenhydraulik hat. Denn in vielen Bestandsgebäuden sind die Verteilleitungen der Heizungsanlage, aber auch die der zentralen Warmwasserversorgung, unzureichend oder gar nicht gedämmt. Hohe Verteilverluste sind die Folge. Bei der nachträglichen Isolierung gelten die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Diese schreibt für Heizungsrohre bestimmte Mindestdämmschichtdicken vor. Basis ist eine Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes von 0,035 W/(m*K). Für Rohre bis zu einem Innendurchmesser von 20 mm sind 20 mm Dämmstoffdicke vorgegeben, bei Innendurchmessern zwischen 22 und 35 mm erhöht sich dieser Wert auf 30 mm.
Fazit
Die ganzheitliche Optimierung von Heizungsanlagen ist angesichts des hohen Anteils hydraulisch mangelhafter Systeme ein wichtiges Geschäftsfeld für das SHK-Fachhandwerk. Die neue Kampagne von co2online (www.co2online.de) hilft bei der Kundengewinnung. Wer hier Schritt für Schritt vorgeht, kann auch ohne neuen Heizkessel den Heizkomfort deutlich steigern und die Heizkosten senken. Für den Immobilienbesitzer rechnen sich die Kosten der ganzheitlichen Optimierung bereits nach kurzer Zeit.