Regelung fürs Heizen, Kühlen & Lüften
Mehr Energieeffizienz durch Regelungstechnik
Der gesetzliche Rahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden als auch die Nutzeransprüche haben sich gravierend gewandelt. Lag beispielsweise vor Jahren der Fokus noch darauf, lediglich eine effizientere Heizung zu installieren, gilt es jetzt, die Effizienz des gesamten Gebäudes zu steigern. Dafür ist eine übergeordnete Regelungstechnik erforderlich, die das Lüften, Heizen und Kühlen im Gebäude optimal aufeinander abstimmt. Doch nach wie vor sind diese Bereiche der Haustechnik traditionell untergliedert. Das trifft sowohl auf das Produktangebot als auch auf die fachhandwerkliche Ausführung zu. Mit der neuen Regelungstechnik „Efficient Ventilation Control“ (EVC) von Systemair ist jetzt aber ein System auf den Markt gekommen, das diese Grenzen der Gewerke überwindet – von der Planung bis zur Installation.
Bis Ende des Jahres hat sich die Kommission der Europäischen Union zum Ziel gesetzt, ein System zu entwerfen, mit dem die „Intelligenzfähigkeit“ eines Gebäudes zu bewerten ist [1]. Ein wichtiger Aspekt wird dabei die Installation selbstregulierender Systeme sein. Sie tragen dazu bei, die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu verbessern.
Dass mit einer übergeordneten Regelungstechnik in Gebäuden der Energiebedarf deutlich gesenkt werden kann, wissen Praktiker nur zu gut. Sie kennen aber auch die Hürden. Die bestehen zum einen in dem spezialisierten Fachwissen der Gewerke. Eine Heizung zu bauen und zu installieren erfordert nun mal eine andere Expertise, als eine Lüftungsanlage zu konzipieren. Kommt eine aktive Kühlung hinzu, treffen in einem Gebäude gleich drei Gewerke aufeinander – und Energieverbraucher, die sich gegenseitig beeinflussen. Oft stammen die Geräte darüber hinaus von unterschiedlichen Herstellern und werden von verschiedenen Fachhandwerkern installiert. Eine intelligente Vernetzung der Systeme ist dann entweder nur mit hohem Aufwand oder in vielen Fällen gar nicht machbar, weil entsprechende Schnittstellen fehlen.
Hier setzt Systemair (www.systemair.de) mit der neuen Regelungstechnik „Efficient Ventilation Control (EVC)“ an. „EVC“ vernetzt die Bereiche Lüften, Heizen und Kühlen zu einem effizienten Gesamtsystem, das eine optimale „Indoor Air Quality“ (IAQ) sicherstellt und gleichzeitig häufige Szenarien von Energieverschwendung ausschaltet. Dabei überspringt das System nicht nur technische Hürden. Die Grenzen der Gewerke werden vielmehr auch auf der Installationsebene aufgelöst: Die einfache „Plug-and-Play“-Installation und Parametrierung kann von einem spezialisierten Heizungsbauer, Lüftungsbauer oder Kälteanlagenbauer genauso ausgeführt werden wie von Generalisten des SHK-Fachhandwerks. Damit ist nun eine Regelungstechnik von einem führenden Hersteller für Klima- und Lüftungstechnik verfügbar, der die Systemintegration gleich mitliefert.
Sparpotentiale erschließen
Die Raumtemperatur ist der entscheidende Parameter, den Nutzer einstellen. Allerdings beeinflusst nicht nur die Heizung – beziehungsweise zunehmend auch eine aktive Kühlung – die Raumtemperatur, sondern genauso die Lüftung. Werden diese drei Systeme nicht koordiniert geregelt, kommt es zwangsläufig zu teilweise hohen Energieverlusten. Folgende vier typische Szenarien machen das deutlich:
Ein Raumtemperaturfühler signalisiert Heizbedarf, ein CO2-Fühler gleichzeitig erhöhten Frischluftbedarf. Liegt jedoch die Frischlufttemperatur unter dem Istwert der Raumtemperatur, erhöht sich die Heizleistung unnötig. In umgekehrter Logik steigt im Kühlfall die Kühlleistung.
Der Raumthermostat für die Heizung, platziert an der Zimmertür, signalisiert Heizbedarf, ein separater Temperaturfühler in Fensternähe aber Kühlbedarf. Beide Systeme arbeiten dann gegeneinander und verschwenden Energie.
Ein Präsenzmelder signalisiert der Lüftungsanlage, dass ein Raum nicht benutzt wird. Die Lüftungsklappen werden auf die Stellung für den minimalen Luftwechsel zugefahren. Für das Halten der Soll-Temperatur bei Abwesenheit durch die Heizung oder Kühlung fehlt jedoch die Unterstützung der Lüftung. Der Energiebedarf steigt.
In mehreren nicht genutzten Räumen werden die Lüftungsklappen auf Minimalluftwechsel eingestellt. Die benötigte Luftmenge reduziert sich, aber eine Rückmeldung von den Lüftungsklappen an die Lüftungsanlage fehlt. Die Ventilatoren einiger Anlagen fördern bis zu einem definierten Kanaldruck weiter, bevor sie ihre Leistung reduzieren. Andere fördern immer einen konstanten Luftstrom. In beiden Fällen sind die an den Volumenstromreglern entstehenden Druckverluste gleichbedeutend mit Energieverlusten und führen außerdem zu Störgeräuschen.
Das sind nur vier Beispiele, die aufzeigen, welche Einsparpotentiale durch eine übergeordnete Regelung möglich sind.
IAQ als Führungsgröße
Damit aber außer der Energieeffizienz auch der Komfort für die Raumnutzer steigt, arbeitet die Regelung „EVC“ nicht allein mit der am Raumthermostat angeforderten Temperatur als Führungsgröße. Vielmehr bedient sie zugleich den Anspruch der Nutzer an ein Komfortklima, das gute Raumluftqualität einschließt.
Denn wie zahlreiche Forschungen – aber sicherlich auch eigene Erfahrungen – belegen, ist ein behagliches Raumklima nicht allein von der Temperatur abhängig. Steigt beispielsweise die CO2-Belastung durch eine hohe Personenzahl, sind Konzentrationsschwächen, Unwohlsein und Kopfschmerz bis Hitzeempfindungen die möglichen Folgen. Einige Studien weisen auch Zusammenhänge zwischen schlechter Innenraumluft durch unzureichenden Luftaustausch und Infektionsraten nach [2].
Dabei ist die CO2-Konzentration meistens ein Indikator für weitere Schadstoffe in der Raumluft, wie beispielsweise TVOC (Total Volatile Organic Compounds), die Summe der flüchtigen organischen Verbindungen. Zusätzliche gesundheitliche Beeinträchtigungen gehen von erhöhter Feinstaubkonzentration in der Raumluft aus. Für diese Belastungen hat eine Arbeitsgruppe im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) Leitwerte sowie Richtwerte für weitere 51 gesundheitsrelevante Stoffe in der Innenraumluft erarbeitet [3]. Ebenfalls maßgeblich für das Wohlbehagen ist eine relative Raumluftfeuchtigkeit im Idealbereich zwischen 40 und 60 %. Nutzer erwarten also zu Recht ein gesundes Komfortklima. Daraus folgt: Der Luftaustausch wird die entscheidende Führungsgröße für eine übergreifende Regelung der Systeme Lüften, Heizen, Kühlen.
EVC denkt und fühlt mit
Um möglichst energieeffizient eine hohe IAQ herzustellen, wertet die gewerkeübergreifende Regelung „EVC“ nicht nur die Temperaturvorgaben der Nutzer am Raumthermostaten aus. Sensoren für CO2, VOC und Luftfeuchtigkeit liefern zusätzliche wichtige Werte für einen bedarfsgerechten Luftaustausch.
„EVC“ kann dabei bis zu vier Lüftungsgeräte regeln. In die Logik integrierte Aktoren für wassergeführte Heiz- und Kühlkreisverteiler schalten diese Systeme so, dass gegenläufige Betriebsmodi ausgeschlossen werden. Mit einem 0-10 V-Signal oder alternativ 2-Punkt-Signalen lassen sich diese Aktoren ansteuern, oder die Signale werden auf eine Gebäudeleittechnik (GLT) aufgeschaltet und von dort weiterverarbeitet.
Zudem unterstützt die Regelung das passive Heizen beziehungsweise Kühlen: Im Heizfall – die Ist-Raumtemperatur liegt unter dem am Raumthermostaten eingestellten Sollwert – wird die Luftmenge automatisch erhöht, wenn die Zulufttemperatur über der geforderten Raumtemperatur liegt. Im umgekehrten Fall wird das Kühlen durch eine erhöhte Luftmenge passiv unterstützt, wenn die Zulufttemperatur unter dem eingestellten Temperatur-Sollwert liegt. Die Luftmenge wird solange erhöht, bis der Sollwert erreicht ist. Allein das führt je nach Gebäudenutzung und Gebäudetechnik zu deutlichen Energieeinsparungen.
Ganz konkret beziffert werden kann die Energieersparnis der „EVC“-Regelung bei der elektrischen Leistungsaufnahme der Lüftungsventilatoren: Sie liegt bei bis zu 60 %. Erreicht wird dies durch den Abgleich der Volumenstromregler der Zu- und Abluft mit der Drehzahl der EC-Ventilatoren in den Lüftungsgeräten. Das Regelungsprinzip: Bei der Installation werden die Volumenstromregler zunächst auf den errechneten spezifischen minimalen und maximalen Luftvolumenstrom für einen Raum oder eine Nutzungszone eingestellt. Innerhalb dieser jeweiligen Grenzwerte regelt „EVC“ die Klappenstellung stufenlos analog der durch die Sensorik ermittelten Bedarfssituationen. Entsprechend dem Gesamtluftbedarf fördern die Ventilatoren nur noch die tatsächlich erforderliche Luftmenge. Bis zu 25 verschiedene Räume oder Zonen sind so analog der tatsächlichen Nutzung energieeffizient zu regeln.
Gewerke-Grenzen überbrückt
Die Installation einer übergeordneten Regelungstechnik erhöht zumeist den Abstimmungsaufwand der Gewerke zusätzlich. Denn außer den verschiedenen Fachhandwerkern für die Installation der Lüftungs-, Heizungs- und Kühlungsanlagen ist zur Vernetzung der Systeme ein Systemintegrator erforderlich, oft auch ein Elektriker für die Leitungsverlegung und Stromanschlüsse.
Mit der „EVC“-Regelung ist es jedoch möglich, alle Sensoren und Aktoren über verpolungssicher konfektionierte Leitungen mit den fertigmontierten Schaltkästen zu verbinden. Diese Arbeiten müssen nicht von einem Elektriker, sondern können ebenso beispielsweise von SHK-Fachhandwerkern ausgeführt werden. Umfassenden Support sichert Systemair außerdem zu.
Das Hardware-Konzept ist denkbar einfach. Für jede der 25 möglichen Nutzungszonen ist ein Zonen-Hub zu installieren – entweder dezentral in der jeweiligen Zone, zentral in einem Schaltschrank per Hutschienenmontage oder in Kombination beider Varianten. Dann wird an jeden Zonen-Hub die Sensorik über fertig konfektionierte Leitungen angeschlossen: ein einstellbares Raumthermostat, Fühler für CO2, VOC oder Luftfeuchtigkeit sowie optional ein Präsenzmelder, Chance-Over-Sensor (PT 1000), Fensterkontakte oder Kondensationswächter. Nach dem gleichen Prinzip werden die Volumenstromregler sowie Ventilantriebe für Heiz- und Kühlkreise angeschlossen.
Die Zonen-Hubs wiederum sind über Leitungen mit RJ45-Stecker per „Plug-and-Play“ mit dem zentralen Schaltschrank zu verbinden. Hier werden auch die Lüftungsgeräte angeschlossen. Bis zu vier Lüftungsgeräte kann “EVC“ regeln: modulare Lüftungsgeräte der „Geniox“-Baureihe für Luftmengen bis zu 70.000 m3/h, „Topvex“-Kompaktlüftungsgeräte für Luftmengen von 400 bis 5.200 m³/h und „SAVE“-Wohnungslüftungsgeräte für Volumenströme von 100 bis 650 m³/h.
Die Steuer- und Regelsignale werden über Modbus ausgetauscht. Im zentralen Schaltschrank selbst ist bereits ein WiFi-Router eingebaut. Darüber lässt sich sehr einfach die Parametrierung – und später die Fernwartung – über den Webbrowser eines beliebigen mobilen Endgeräts vornehmen sowie die „EVC“-Regelung in ein bestehendes Netzwerk integrieren. Die Oberfläche des Webbrowsers stellt außerdem alle relevanten Soll- und Ist-Werte der Lüftungsgeräte und Zonen grafisch auf einen Blick dar.
Fazit
Die Europäische Union forciert den Einsatz intelligenter Regelsysteme in Gebäuden, um Energie zu sparen. Die Effizienz lässt sich insbesondere steigern, wenn die relevanten Systeme Lüften, Heizen, Kühlen ganzheitlich geregelt werden. Diese Möglichkeit eröffnet nun „Efficient Ventilation Control (EVC)“ von Systemair. Allein bei der elektrischen Aufnahmeleistung der Ventilatoren werden Einsparungen bis zu 60 % erreicht. Außerdem lassen sich gegenläufige Betriebsmodi der jeweiligen Systeme verhindern, die häufig viel Energie verschwenden.
Die „EVC“-Regelung überwindet dabei nicht nur die technischen Hürden, hervorgerufen durch die klassische Trennung der einzelnen Gewerke der Haustechnik, sondern auch Herausforderungen bei der Installation einer so umfassend vernetzten Regelungstechnik. Dazu wurden einfach zu installierende, vorgefertigte Sets mit steckerfertigen Leitungen konzipiert. Damit kann „EVC“ sowohl von den Gewerken des Heizungs- Kühlanlagen- oder Lüftungsbau installiert werden wie auch von dem SHK-Fachhandwerk als Generalist.
[1] Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richt-
linie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz, Artikel 8, Abs. 10
[2] Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2008 · 51:1358–1369, DOI 10.1007/s00103-008-0707-2, Springer Medizin Verlag 2008