Hygiene wird ein Treiber der Zukunft sein
Im Gespräch mit Alexander Zeeh
Alexander Zeeh, Regional Vice President Central Europe bei Grohe, sprach in einer Videokonferenz mit der SHK Profi-Redaktion über Qualität, Technologie, Design, Nachhaltigkeit, aktuelle Herausforderungen durch die Corona-Pandemie und nicht zuletzt darüber, was es mit dem Jahr des Handwerks bei Grohe auf sich hat.
Alexander Zeeh, Regional Vice President Central Europe bei Grohe
Quelle: Grohe
SHK-Profi: Herr Zeeh, Sie kamen vor rund einem Jahr als Geschäftsführer Deutschland zu Grohe und sind nun Regional Vice President Central Europe. Zuvor waren Sie in der Consumerbranche aktiv. Wie gefällt Ihnen der Wechsel in die SHK-Branche?
Alexander Zeeh: Tatsächlich habe ich den Wechsel aus der Consumer-Electronics-Welt zu Grohe sehr bewusst gewählt. Ich war zuvor bei einem Elektronikkonzern für die Hausgerätesparte verantwortlich, kannte also einen Teil meines heutigen Geschäfts mit Küchenprodukten schon sehr gut, aber mich hat vor allem der Fokus auf den dreistufigen Vertrieb gereizt und die damit verbundenen Herausforderungen. Ich habe mich auch sehr bewusst für Grohe entschieden, weil es eine starke Marke ist, die einerseits eine ausgezeichnete Marktposition erarbeitet hat, aber auch in anderen Feldern noch attraktives Wachstumspotenzial sieht.
Ich kann Ihnen sagen, dass ich diesen Schritt jederzeit wieder machen würde, denn als „Kind des Handels“, als das ich mich über meine Laufbahn hinweg immer gern bezeichne, reizt mich vor allem die größere Komplexität, die mit der Dreistufigkeit verbunden ist. Hier spielt für mich der weitere Ausbau der Digitalisierung der Branche eine wichtige Rolle, um Effizienz und Effektivität zu steigern.
SHK-Profi: Die Produktvielfalt ist in der SHK-Branche sicher ebenso groß, wie im Consumerbereich. Farben, Design und Technologie sind wesentliche Elemente eines Produkts. Dies galt sicher auch für den Consumerbereich. Worin unterscheidet sich hier die Sanitärbranche? Auf welche Punkte legen Sie bei Grohe besonders Wert?
Zeeh: Der Unterschied beginnt ja schon bei der Entscheidungsfindung: Bei klassischen Konsumgütern geht der Kunde ins Geschäft und trifft eine Kaufentscheidung. In unserer Branche sind an dieser Entscheidung ganz maßgeblich der Fachhandel und, meist noch einflussreicher, die Fachhandwerker beteiligt. Das müssen wir berücksichtigen und mir ist enorm wichtig, dass wir das Fachhandwerk auch hier extrem gut mitnehmen und nicht zuletzt auch befähigen, ihre Kunden auf Aspekte wie Design oder neue Technologien hin zu beraten.
Oder schauen wir in die Sanitärausstellungen: Eine ganzheitliche Präsentation von Badwelten, wie der Bauherr sie bei der Einrichtungsplanung seines Bads vielleicht benötigt, findet für mich hier noch zu selten statt. Das Bad ist, neben der Küche, für viele Menschen die Visitenkarte des Hauses und kein reiner Funktionsraum mehr. Mit unseren Produkten haben wir perfekt aufeinander abgestimmte Antworten auf diese Nachfrage. Beim Durchverkauf an die Konsumenten über bedarfsgerechte Präsentation und Angebote können wir aber gemeinsam noch besser werden.
SHK-Profi: Stichwort Nachhaltigkeit. Produkte sollen mit weniger Energieaufwand produziert, Produktionen grüner und der Lebenszyklus der Produkte von der Produktion bis zum Recycling nach Aspekten der Nachhaltigkeit gestaltet werden. Grohe hat sich das Ziel einer CO2-neutralen Produktion gesetzt. Wie steinig ist dieser Weg?
Zeeh: Der Weg ist klar vorherbestimmt, und offen gestanden beinhaltet das Element, mit dem wir mit unseren Produkten primär umgehen, auch eine Verpflichtung: Der Schutz der kostbaren Ressource Wasser, sowohl was Verbrauch als auch Sauberkeit angeht, steht für uns an erster Stelle. Unsere Werke produzieren seit
April CO2-neutral. Wir haben Plastik aus unseren Verpackungen verbannt. Und hier wird in Kürze noch mehr folgen. Zugleich spüren wir, dass auch die Kunden auf das Thema sparsamer Wasserverbrauch und Energieeinsparung achten. So gesehen ist der nachhaltige Weg, den wir gehen und der auch in den Werten der Marke Grohe fest verankert ist, alles andere als steinig, sondern vor allem richtig.
SHK-Profi: Womit wir schon bei den Problemen der Corona-Pandemie wären. Wie schwierig ist es für Ihr
Unternehmen, die Produktionsketten am Laufen zu halten?
Zeeh: Wir haben früh und schnell reagiert und konnten dadurch drei wichtige Ziele erreichen. Erstens: Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Partner schützen. Wir haben also die Kolleginnen und Kollegen früh ins Homeoffice geschickt und auch die Vertriebsmitarbeiter ermutigt und befähigt, ihre Arbeit „von der Straße“ auf digitale Wege umzuleiten. Zweitens: lieferfähig bleiben. Die sofortige Umstellung auf digitale Kommunikation betrifft auch unseren Dialog mit dem Markt. Wir haben uns kontinuierlich mit unseren Partnern abgestimmt und konnten dadurch unsere Produktions- und Lieferplanung eng an die aktuelle Nachfrage anpassen. So haben alle drei deutschen Standorte weiter produziert und wir haben Engpässe oder gar Ausfälle vermeiden können. Drittens: Eine Krise bedeutet oft auch neue Chancen, und da hat sich der Bereich der Hygieneprodukte in der Nachfrage nach vorn geschoben. Hierdurch gab es in der Covid-19-Phase sogar einen Wachstumseffekt, der anhält.
SHK-Profi: Wird dann die Hygiene nicht auch im Bereich der Sanitärtechnik künftig eine noch wichtigere Rolle als bisher schon spielen?
Zeeh: Wir sehen das bei unseren eingehenden Bestellungen ebenso wie bei den Zahlen aus dem Markt: Hygienerelevante Produkte boomen – berührungslose Armaturen, intelligente Wassersteuerung, antibakteriell beschichtete Oberflächen, um nur einige Beispiele zu nennen. Dieses Thema wird bleiben, da bin ich sehr sicher, und es betrifft längst nicht mehr nur die klassischen Objekte von Krankenhaus über öffentliche Gebäude bis Gastronomie, sondern immer stärker auch private Haushalte.
SHK-Profi: Damit sind wir beim Stichwort Digitalisierung angelangt. Da Zeit und Platz begrenzt sind, sagen Sie uns kurz etwas zur Digitalisierungsstrategie von Grohe?
Zeeh: Digitalisierung muss primär auf eine gesteigerte Effektivität und Effizienz einzahlen, nur dann macht sie wirklich Sinn. Und hier setzen wir an. Covid-19 hat sicher alle Branchen bei der Digitalisierung von Kommunikation und Zusammenarbeit nach vorn gebracht. Andere schauen vor allem auf digitalen Verkauf – das ist aber gar nicht mein primäres Thema, das muss im Handel und Handwerk stattfinden, und hier unterstützen wir auch immer mehr. Oft ist es viel einfacher, nur ein Beispiel: Wenn jeder Installateur mit Smartphone oder Tablet auf der Baustelle arbeitet und der Verkäufer vorm PC sitzt, müssen wir keine zentimeterdicken Preislisten mehr drucken und per Post verschicken. Wir schauen also kontinuierlich die Pro-zesse an. Wir werden natürlich auch mit unseren Produkten digitaler, denken wir an unsere Wassersysteme „Grohe Red“ oder „Blue“ oder moderne Armaturen. Ein wichtiger Aspekt ist aber eben auch das gemeinsame Vorgehen mit unseren Partnern, um sie auf neuen Wegen besser zu trainieren, zu schulen, zu informieren und den Dialog zu fördern.
SHK-Profi: Und wie erreichen Sie die Installateure? Gespräche vor Ort sind aktuell ja immer noch nur eingeschränkt möglich.
Zeeh: Auch hier läuft immer mehr digital. Wir haben zum Beispiel die Anzahl der Online-Trainings stark erhöht und hier auch in eigene Infrastruktur investiert. So konnten wir in den letzten Wochen mehrere Tausend Handwerker digital trainieren. Als die SHK und IFH abgesagt wurden, haben wir die Produktpräsentationen ins Internet verlagert. Wir nutzen animierte Produkt- und Anwenderschulungen. Und unsere Serviceteams sind natürlich auch über alle gängigen Digitalkanäle erreichbar.
SHK-Profi: Zum Abschluss noch ein Wort zum „Jahr des Handwerks“. Sie haben uns mit diesem Schlagwort neugierig gemacht.
Zeeh: Ich habe in den ersten Monaten meiner Zeit bei Grohe viele Gespräche geführt; mit Kunden, aber auch mit Innungen. Dabei wurde deutlich: Gerade in der Beziehung und im Umgang mit unseren wichtigsten Partnern haben wir den größten Nachholbedarf. Wir haben es nicht geschafft, das Kapital unserer Marke ausgerechnet bei unseren wichtigsten Partnern erlebbar zu machen. Dabei ist gerade das Fachhandwerk das Rückgrat unserer Branche im dreistufigen Vertrieb. Der Schlüssel zu erfolgreichem Handeln liegt für eine Marke wie Grohe klar im engen und bewussten Schulterschluss mit den Installateuren. Hier müssen wir jetzt dringend unsere Hausaufgaben machen. Das Thema ist deshalb auch weit über die D-A-CH-Region hinaus ein elementarer Baustein der Gesamtstrategie des Verantwortungsbereichs von Jonas Brennwald, dem CEO Lixil Water Technology für die gesamte EMENA-Region.
Wir haben dafür drei Eckpunkte definiert: Wir müssen erstens den Austausch intensivieren und verbessern. Nur der Dialog ermöglicht es uns, die Anforderungen und Bedürfnisse besser zu verstehen und unterstützende Maßnahmen zu entwickeln. Zweitens: Wir wollen das Handwerk besser betreuen und unterstützen. Intensiver, digitaler, mit noch mehr Trainingsangeboten, digitalen Messen, Beratung. Etwa – und das ist der dritte Punkt – beim Verkaufen. Mit na-tionalen Vermarktungsaktionen, gezielten Produkt-Promotions und natürlich POS-Material für unsere Partner bis hin zu digitalem Material. Mit dem Ziel, beim Generieren von Nachfrage und beim Durchverkauf im partnerschaftlichen Zusammenspiel der Dreistufigkeit unmittelbar zu helfen.
Unser klares Signal lautet: Grohe steht eng an der Seite der Partner im Handwerk. Das zeigen wir auch mit unserer „Meisterwerker“-Kampagne, die im Herbst starten wird.
Wir werden eine neue Haltung pflegen, und diese Haltung mit einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe auch erlebbar machen. Dabei richten wir uns primär an das Handwerk – aber gelingen wird uns das nur, wenn wir auch die zwischengeschaltete Säule des Fachhandels entsprechend mitnehmen.
SHK-Profi: Herr Zeeh, vielen Dank für das Gespräch!