Frischer Wind im Parlament
Reinigung und Dichtheitsprüfung der Luftleitungen
Wohl jeder, der schon einmal in Wien war, kennt das prächtige neoklassizistische Anwesen neben dem Volksgarten, in dem das österreichische Parlament seit fast 150 Jahren seinen Sitz hat. Zurzeit wird dieses Gebäude in großem Umfang generalsaniert. Ganz klar, dass die Arbeiten die beteiligten Planer und Handwerker vor eine echte Herausforderung stellen. So gilt es, die besonderen Gegebenheiten in dem beeindruckenden Bauwerk zu erhalten und gleichzeitig die Räumlichkeiten mit modernster Technik auszustatten.
Bereits bei seiner Eröffnung verfügte das Gebäude über ein durchdachtes Lüftungssystem, bei dem frische Außenluft per Sogeffekt aus den benachbarten Parkanlagen angezogen und in die Räume verteilt wurde. Mit der Sanierung der historischen Luftleitungen wurde 2019 die Firma Rauchfang-Quester beauftragt. Geschäftsführer ist Christian Quester, der hier die Arbeiten leitet. „Bei ca. 200 Luftleitungen ist das für uns schon ein besonderer Auftrag, sowohl was den Umfang als auch die beeindruckende Arbeitsumgebung angeht“, steht für ihn fest.
Abdichten mit Inliner-Verfahren
Aufgabe der Firma Rauchfang-Quester ist es, die historischen Leitungen abzudichten und in einem hygienisch sauberen Zustand zu hinterlassen. Sie sind an das moderne Lüftungssystem angeschlossen, so dass Leckagen den Energieaufwand zum Betrieb der Anlage deutlich erhöhen würden.
Außerdem kann es durch Undichtigkeiten zu Schimmelbildung kommen, zum Beispiel wenn warme Abluft entweicht und sich an den kalten Kellerwänden niederschlägt. Um das zu verhindern, kleideten die Mitarbeiter der Firma im vergangenen Jahr sämtliche Luftleitungen mit einem Kompositrohr aus. Im Inliner-Verfahren brachten sie dazu in jeden einzelnen Schacht ein Gewebeschlauch ein, der eine Harz-Glasfaserschicht umschließt. Ein Kompressor blies anschließend warme Luft in den Schlauch, um das Harzgemisch im Inneren des Schlauches aufzuweichen.
Dabei legte sich das Material eng an die Wandungen an und härtete dort aus. Undichtigkeiten wie offene Fugenbereiche, Risse und Löcher wurden auf diese Weise überklebt und abgedichtet. Entstanden ist eine dichte und glatte Oberfläche. Die Ecken der Luftschächte sind nun durch die Beschichtung leicht abgerundet, was zusätzlich zur Oberflächenbeschaffenheit die strömungstechnischen Eigenschaften verbessert.
Reinigung der Luftleitungen
Nach Abschluss der Arbeiten stand im Frühjahr 2021 die gründliche Reinigung der Luftschächte an. Christian Quester empfiehlt, Luftleitungen grundsätzlich regelmäßig zu reinigen, denn jede Verschmutzung führe unweigerlich zu einem höheren Energieverbrauch der Lüftungsanlage und könne die Raumluftqualität beeinträchtigen. Verschmutzungen in Luftleitungen bewirken nämlich einen höheren Reibungswiderstand und entsprechenden Druckabfall in der Anlage. Eine Nachregelung führt dann zu einem höheren Energieverbrauch und verursacht somit höhere Kosten für den Betreiber.
Vor der Reinigung wird das Leitungssystem mit Schaumstoffelementen in Sektionen unterteilt, damit gelöster Schmutz effektiv abgesaugt werden kann. Mit den gleichen Abdichtelementen werden Nebenschächte sowie die Reinigungsöffnung verschlossen, so dass anfallender Staub nicht in die Räume gelangt. An der Reinigungsöffnung bleiben lediglich genau passende Löcher, durch die das Reinigungswerkzeug und ein Absaugschlauch eingeführt wird. Je nach Leitungsbeschaffenheit und Verschmutzungsgrad kommen in der Regel unterschiedliche Bürsten zum Einsatz.
Im Wiener Parlament ist eine Reinigung mit Druckluft am besten geeignet, um den Baustaub aus den inzwischen sanierten Luftschächten und -leitungen zu entfernen. Bei dieser Technik wird ein spezieller Druckluftschlauch an einen Kompressor angeschlossen. Auf das Schlauchende können unterschiedliche Düsen montiert werden, die mit speziellen Fäden versehen sind, um den Schmutz regelrecht von der Wand zu peitschen. Dabei kann die Blasrichtung des Schmutzes durch die Auswahl der Düse beeinflusst werden. Zeitgleich saugen die Monteure den gelösten Schmutz mit einer Staubfalle ab, also einem besonders leistungsstarken Sauger mit Taschenfeinfiltern und großen, flexiblen Saugschläuchen.
Überprüfung der Dichtheit der Luftleitungen
Ob die geforderte Dichtheit der Leitungen erreicht ist, ermittelt das Team von Rauchfang-Quester zum Abschluss der Arbeiten mit einem Dichtheitsprüfgerät. Dazu schließt man das Wöhler „DP 700“-Dichtheitsprüfgerät an die obere Öffnung jeweils eines Luftschachtes an. Das Gerät beaufschlagt die Leitung dann mit einem Überdruck, bis ein vorgegebener Prüfdruck erreicht ist. Im Anschluss misst es das nachzuspeisende Leckluftvolumen, das zur Erhaltung des Drucks notwendig ist. Dieser Leckagestrom entspricht der Leckluftrate des zu prüfenden Luftleitungsabschnittes. Welche Leckageströme tolerabel sind, ist in vorgegebenen Normen eindeutig geregelt. So lässt sich die Dichtheit der Leitungen auf einer objektiven Grundlage einfach nachweisen.
Kontrolle und Dokumentation
Vor, während und nach der Arbeit am Lüftungssystem steht eine gründliche Videoinspektion an. „Nur wenn ich die Gegebenheiten genau kenne, kann ich planen“, meint Christian Quester. Unbekannte Schäden oder Leitungsverläufe können den geplanten Ablauf nämlich erheblich verzögern. Die Videoinspektion kostet nicht viel Zeit und verhindert dieses Problem. Mit wenigen Handgriffen ist das im kompakten Koffer an die Einsatzstelle gebrachte HD-Videoinspektionssystem betriebsbereit.
Der Monteur schiebt einen 40-mm-Kamerakopf an der 30 m langen Kamerastange in die Leitung. Er steuert den Kamerakopf über einen Joystick und verfolgt die Kamerafahrt auf einem 7“ Bildschirm. 10 LEDs am Kamerakopf sorgen für eine taghelle Ausleuchtung. Ein frei einstellbarer Kamerafokus verschafft zusätzlich ein scharfes Bild von allen Details. Die Video- oder Fotoaufnahmen hinterlegt Christian Quester wo notwendig mit einem gesprochenen Kommentar oder einer schriftlichen Anmerkung: „Das hilft später bei der Dokumentation. Oder ich nutze die Notizen als Gedankenstütze, wenn meine Leute Auffälligkeiten im Schacht berücksichtigen müssen.“
Auch jetzt nach Abschluss der Arbeiten ist eine Videoinspektion besonders wichtig: Hier lässt sich nochmals jeder Arbeitsschritt genau kontrollieren und vor allem auch dokumentieren. Die Aufnahmen werden auf einer SD-Karte aufgezeichnet, per WLAN von der Kamera auf ein Smartphone oder Tablet übertragen oder mit einem USB-Stick auf dem PC abgelegt. Daraus erstellt Christian Quester dann den Bericht, der übrigens auch Teil des Auftrags ist. „Dass die beteiligten Unternehmen bei einem so großen Bauprojekt die Qualität ihrer Arbeit kontrollieren und auch dokumentieren müssen, ist selbstverständlich. Schließlich wäre es eine Katastrophe, wenn nach Abschluss der Gesamtmaßnahme Mängel deutlich würden. Und im Übrigen ist das ja auch in unserem Sinne, denn selbstverständlich haben wir den Anspruch, die Luftleitungen in einem perfekten Zustand zu übergeben.“